Hausdurchsuchung wegen Verdachts des illegalen Hanfanbaus

Ich staunte nicht schlecht, als gegen halb fünf Uhr morgens, in aller Frühe, laut und schrill an meiner Haustür geläutet wurde.

Wer um Himmels willen wollte mich zu dieser Zeit besuchen? Meine Mama kommt normalerweise gegen nachmittag vorbei, meistens am Wochenende. Doch wir hatten einen werktags, und draußen war es noch dunkel.

Ich beschloß, auf das hektische Geklingel nicht weiter zu reagieren und drehte mich mit einem Schneufzer auf die andere Seite.

Doch nun wurde ich abrupt geweckt: "Aufmachen! Hausdurchsuchung!" Statt einem stürmischen Geklingel war zu vernehmen, wie sie laut gegen die Tür klopften! Oder traten sie fast? Ich konnte es nicht so genau beurteilen. Geschwind stand ich auf, ging die Treppe hinab, um die Tür zu öffnen.

Die Situation war schnell geklärt. Es sollte eine Hausdurchsuchung stattfinden. Ein richterlicher Beschluß wurde mir vor die Nase gehalten. Ich akzeptierte diesen Beschluß, und bat die Herren hinein. Da ich selbst müde war, bot ich ihnen einen Kaffee an. Gewiß, auch in solchen Streßsituationen, versuche ich ein höflicher Mensch zu sein.

"Wonach sie denn suchen würden", fragte ich, und erfuhr, daß bei mir nach Drogen gesucht wurde. Sie suchten eine Hanfzuchtanlage, und mir wurde unterstellt, heimlich Drogen, also Hanf, anzubauen.

Ich fragte, ob sie diese Information von einem Nachbarn hätten. Doch leider durften sie sich hierzu in keinster Art und Weise äußern.

Es wäre durchaus verständlich, wenn ein Nachbar argwöhnisch reagiert hätte.

Denn: nicht nur in den Diskussionsforen, auch im wirklichen Leben, bin ich ein eigentümlicher Mensch. Wer mich kennt, geht mir lieber aus dem Weg. Auf jeden Fall gehöre ich zu den Leuten, denen man nicht so schnell vertraut. Sogar frühmorgens, wenn ich beim Bäcker ein Vollkornbrötchen hole, und das Geld abgezählt herüberreiche, wird nachgezählt. Nicht nur einmal, einmal hatte die Kassiererin dreimal nachgezählt.

Aber egal, der Kaffee war mittlerweile fertig, und ich bot den netten Herren eine Tasse an. Dankend lehnten sie ab. "Sie sind im Dienst! § !", sagten sie.

Wer kann frühmorgens, zu dieser nachtschlafenden Zeit, schon einen Kaffee ablehnen. Vielleicht dachten sie auch nur, ich hätte etwas hineingemischt.

Die Durchsuchung war in vollem Gange, und auch der Chef der Truppe war vertieft, etwas verdächtiges zu finden.

Seine Mappe lag noch auf dem Schreibtisch, und ich wagte einen vorsichtigen Blick.

Jetzt war mir klar, was den Anscheinsverdacht ausgelöst hatte. Ich entdeckte eine Kontrollmitteilung vom Stromversorgungsunternehmen - kurz Stromwerk genannt, oder auf Neudeutsch EVU (Elektrizitäts-Versorgungs-Unternehmen).

Dort stand, daß mein Stromverbrauch stark gestiegen sei. Einen solchen sprunghaften Anstieg gibt es nur bei drei Möglichkeiten:

a) Betrieb eines großen Aquariums (Süß- oder Meerwasser)

b) elektrische Fußbodenheizung

c) Hanfanbau

Hierzu muß man wissen, daß man für den Hanfanbau starke Metalldampflampen benötigt. Für den allgemeinen Wachstum setzt man HQI ein (Halogen-Metalldampflampe), möglichst in der Lichtfarbe Daylight (über 5000 Kelvin).

Für die Blüte hingegen empfiehlt sich eine Natriumdampflampe, erkennbar an ihrer gelblichwarmen Lichtfarbe (ca. 2600 bis 3000 Kelvin)

Allein gemeinsam ist der hohe Stromverbrauch (bis zu 16 Stunden lang an,  danach ist zwingend absolute Dunkelheit notwendig, sonst erreichen die Pflanzen kein Blütestadium).

Hmm, ich überlegte. Was passiert denn, wenn sich jemand eine Fußbodenheizung installiert. Auch dann gibt es einen erheblichen Mehrverbrauch. Gibt es in so einem Fall auch eine Hausdurchsuchung? Kann ich mir nicht vorstellen. Wie sollte denn der Betrieb einer Fußbodenheizung oder eines Aquariums mit künstlicher Beleuchtung ausgeschlossen werden. Wurde ich bereits im Vorfeld ausspioniert?

Ich erinnerte mich an einen Anruf vor zwei Wochen. "Guten Tag, wir machen eine Meinungsumfrage. Haben sie einen Moment Zeit?"

Inzwischen kenne ich einen guten Trick gegen solche Umfragen. Man muß noch nicht einmal nach einer Ausrede suchen. Man sagt einfach:

"Aber sicher habe ich einen Moment Zeit. Worum geht es denn?" Sie erzählt einige Sätze, und dann antwortet man:

"oh, kleinen Moment bitte. Es klingelt gerade an der Haustür".

Man legt den Hörer zur Seite, und macht irgendetwas anders.

Diese Methode ist genial. Man hat einfach vergessen, weiterhin auf die Fragen zu antworten, und nebenbei stiehlt man diesen komischen "Umfragebüros" eine Menge Zeit.

Leider kannte ich damals diesen Trick noch nicht, und ließ mich in ein Gespräch verwickeln. Jetzt fällt mir ein, daß auch danach gefragt wurde, ob ich denn eine Fußbodenheizung hätte, eine Hobbywerkstatt, oder ein Aquarium. Somit dürfte klar sein, daß es sich um einen fingierten Anruf gehandelt hat.

Nun stand ich hier, mit wuscheligen Haaren, und hatte zahlreiche Herren um mich versammelt, die etwas Verdächtiges suchten.

Da ich eine saubere Weste habe, und diese unangenehme Angelegenheit zu Ende bringen möchte, erklärte ich den Herren den Sachverhalt.

Hierzu mußte ich etwas weiter ausholen, und von meinen Hotelaufenthalten berichten. Ich bin während meiner beruflichen Tätigkeit viel herumgekommen, und habe oft im Hotel übernachtet. Dabei bevorzugte ich luxuriösere Hotels. Allein gemeinsam ist, daß die Zimmer zwar groß und geräumig eingerichtet sind, aber oftmals zu dunkel.

Im Sommer ist es kein Problem, wenn durch die großen Fenster genug Sonnenlicht hineinkommt. Aber im Winter, wenn man erst spät abends nach Hause kommt, und frühmorgens um halb sieben schon wieder das nächste Meeting vorbereiten muß, hätte ich es gerne heller.

Also nahm ich einfach einen dicken fetten Photoscheinwerfer mit. Dort werden Spezialleuchtmittel eingesetzt. Es handelt sich um Halogenlampen, die mit einer Farbtemperatur von 3400 Kelvin betrieben werden. Hierdurch erreichen sie - für Temperaturstrahler betrachtet - einen enormen Wirkungsgrad. Der Glühfaden wird fast am Schmelzpunkt betrieben, und trotz des erhöhten Gasdrucks und Kreisseffekts beträgt die Lebensdauer nur 15 Stunden.

Von einem Beleuchtungsmeister bekam ich den Vorschlag, auf Entladungslampen umzustellen. Keine gute Idee, wie ich später feststellte. Denn für diese Lampen ist ein großes und schweres Vorschaltgerät notwendig. Bei Reisetätigkeit ein zusätzlicher Ballast. Genau deshalb werden Vorschaltgeräte auch als "Ballast" bezeichnet.

Dennoch war ich begeistert. Nicht nur vom Wirkungsgrad und der enormen Lichtausbeute. Besonders begeistert war ich von der Lichtfarbe. Diese Lampen emittieren ein Spektrum, welches mit Sonnenlicht vergleichbar ist. Einfach genial. Frisches, knackiges und brilliantes Tageslicht.

Spontan unterbreitete ich meiner Frau den Vorschlag, dieses Jahr auf die Weihnachtsgeschenke zu verzichten. Ich wollte den monatlich verfügbaren Etat an Haushaltsgeld für die Anschaffung der Speziallampen verwenden.

Gesagt, getan, es erfolgte eine komplette Umrüstung. Mein Büroarbeitsplatz wird von 4 Stück HQI 70 Watt beleuchtet, zumindest in der Grundbeleuchtungsstufe. Wenn ich es besonders hell haben möchte, was in den Wintermonaten häufiger vorkommt, schalte ich 4 Stück HQI 400 Watt hinzu. Diese Lampen sind direktstrahlend angebracht. Die Diffusbeleuchtung wird von einem Deckenstrahler mit 2000 Watt (ebenfalls HQI) übernommen. Hierdurch ensteht schön weiches und samtartiges Licht, welches dennoch sehr hell ist.

Im Wohnzimmer kommt der Nachfolger der HQI-Lampen zum Einsatz. Unter der Bezeichnung CDM sind keramische Brenner verfügbar. Es handelt sich um die gleiche Technik wie bei HQI, mit dem Hauptunterschied, daß statt eines Quarzglasgefäßes sogenanntes transparentes Keramik eingesetzt wird.

Es ist wesentlich stabiler als Glas, neigt nicht zur Versandung bzw. Versprödung, und es bläht sich auch nicht auf.

Hierdurch sind die Betriesparameter wesentlich konstanter. Die Farbtemperatur bleibt über die Lebensdauer weitestgehend stabil.

Statt einer Daylight-Lichtfarbe wird im Wohnzimmer eine warmweiße Lichtfarbe eingesetzt. Hierdurch ist es gemütlicher, trotz der hohen Gesamthelligkeit. Diese Brenner sind ganz schöne Lumenpakete. Meine Frau strickt gerne, und freut sich über die gute Ausleuchtung. Insbesondere bei der Fertigung eines Islandpullover benötigt man viel Licht, um mit den zahlreichen losen Fäden nicht durcheinander zu kommen.

In der Wohnung befinden sich mehrere Planzengruppen. Zum Sonnenaufgang, also frühmorgens, werden sie mit warmer Lichtfarbe angestrahlt (über CDM-Leuchten), und tagsüber mit HQI-Daylight-Brennern. Zum abend hin wird die Hälfte der Lampengruppe abgeschaltet, und es wird sanft der Feierabend eingeleitet.

Ich hatte mal zusammengerechnet. Die gesamte Anschlußleistung ist beträchtlich, und somit ist erklärbar, daß dieser Mehrverbrauch sofort registriert wurde und entsprechende Maßnahmen eingeleitet wurden.

Ach ja, die netten Herren, welche meine Wohnung durchsuchten, wurden natürlich nicht fündig. Die einzige berauschende Pflanze war die Katzenminze - allerdings nicht für Menschen. Lediglich Katzen werden ziemlich närrisch, wenn sie dran knabbern. Ansonsten blüht das Basilikum in voller Blühte, das Rosmarin wird immer größer, und der Ficus Benjamini wächst so gut, daß er regelmäßig beschnitten werden muß.

.... und unsere Nachbarn haben sich neue Rollos gekauft, denn wenn bei uns das Licht in voller Stärke brennt, ist es so hell, daß sie nicht einschlafen können.

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